Nehmen Sie noch einmal den
frühneuhochdeutschen Text der Übung 5
vor.
1. Bestimmen Sie (analog zu den Aufgaben der Übung 3) folgende
Formen grammatisch:
- bekantend (Z. 3) – Verb (bekennen): 3. Pers. Pl. Ind. Prät. Akt.
- nüwen (Z. 4) – Attributives Adj.: Dat. Sg. Mask.
- üwer (Z. 11) – Poss.-Pron.: Akk. Sg. Fem.
- gezügen (Z. 16) – Subst.: Dat. Pl. Mask.
- daruß (Z. 17) – Pro-Partikel [ebenfalls akzeptable Antwort: Pronominaladverb (vgl. Duden-Grammatik, 6. Aufl. 1998, S. 372 ff.)]
- tund (Z 19) – Verb: Part. Präs. Akt.
- sü (Z. 21) – Pers.-Pron.: Akk. Pl. Mask./Fem.
- wundent (Z 22) – Verb (winden): 3. Pers. Pl. Ind. Prät. Akt.
- stacktent (Z. 23) – Verb (stecken): 3. Pers. Pl. Ind. Prät. Akt.
2. Betrachten Sie die Phonologie bzw. Morphologie dieser Formen. Auf welche Herkunft des
Autors lässt sie am ehesten schließen?
- koment/komend (Z. 3, 19), nament, wundent (Z. 24), stacktent
(Z. 23) usw.: -ent/-end-Plural (obd., am ehesten wobd.)
- nüwen (Z. 4), üwer (Z. 11), synem, flißlich (Z. 12) usw.: keine
Diphthongierung (entweder sehr früher noobd. Text oder – für den Fall einer
späteren Datierung – md. Text oder – prinzipiell – wobd. Text)
- tund (Z. 19): Monophthongierung (wmd. Text oder – für den Fall einer
späteren Datierung – omd./wobd. Text. Mit Sicherheit nicht oobd.!) – e-Apokope
(obd. Text oder – für den Fall einer späteren Datierung – wmd. Text. Mit
Sicherheit nicht omd.!) – [Vorgriff auf die Syntax: Partizipialform auf -end(e)
anstelle eines Infinitivs: wobd.; vgl. Frühneuhochdeutsche Grammatik, S. 396, § S 177.]
- sü (Z. 21): Rundung (wobd. oder nobd.; vgl. Frühneuhochdeutsche Grammatik, S. 76)
- wundent (Z. 22), bunden (Z. 23): Beibehaltung der alten Präteritum-Plural-Ablaute
(entweder sehr alte Form oder – für den Fall einer späteren Datierung – obd.)
- stacktent (Z. 23): Rückumlaut (obd., keine md. Form)
Alles in allem lässt sich aufgrund der Kombination verschiedener Indizien am ehesten auf einen
wobd. Text schließen. Ausgeschlossen werden kann durch verschiedene Indizien jedenfalls eine
oobd. und eine omd., überhaupt eine md. Herkunft. Damit bleiben nicht mehr viele andere
Möglichkeiten als eine Zuordnung zum Wobd.
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