Nehmen Sie noch einmal den frühneuhochdeutschen Text der
Übung 2
vor.
1. Bestimmen Sie die nachfolgend genannten Einheiten hinsichtlich phonologischer
Auffälligkeiten:
(Vergleichen Sie nach Möglichkeit mit dem Neuhochdeutschen, so dass die Bestimmung nach
folgendem Muster erfolgt: krut (Z. 1) – nhd. Kraut: Es liegt noch keine
Diphthongierung vor.)
- vff (Z. 3) – nhd. auf: Es liegt noch keine Diphthongierung vor.
- stot (Z. 5) – frnhd. stat: Verdumpfung.
- bint (Z. 6) – nhd. bindet: Ekthlipsis (= eine Sonderform der Synkope, bei
der ein unbetontes e zwischen zwei gleichartigen Konsonanten, hier zwei Alveolaren, ausfällt.
- würt (Z. 7) – ahd./mhd. (und ebenfalls nhd.) wird: Rundung (Variante, die sich nicht durchgesetzt hat).
- sprach (Z. 11, 1. Beleg) – nhd. Sprache: Apokope.
- gheissen (Z. 13) – nhd. geheißen: Synkope.
- rüret (Z. 14) – nhd. rührte: keine Synkope, stattdessen Apokope.
- zeugt (Z. 23) – nhd. zeigt: Rundung.
2. Bestimmen Sie die nachfolgend genannten Einheiten hinsichtlich graphematischer
Auffälligkeiten:
- leerte (Z. 1): Dehnvokal 〈e〉 zur Kennzeichnung des Langvokals.
- vber (Z. 4): Keine Kennzeichnung des Umlauts.
- hoffman (Z. 8): Doppelkonsonanz nach Langvokal; keine Kennzeichnung des Kurzvokals.
- nemen (Z. 9): Keine Kennzeichnung des Langvokals. (Dass er lang ist, liegt an der
Dehnung in offener Silbe.)
- senff (Z. 12): Doppelkonsonanz im Auslaut.
- gest (Z. 16): Umlautkennzeichnung bei phonologischem Schreibprinzip. (Das phonologische
Schreibprinzip gibt nur den Lautwert wieder, aber es lässt keine morphologischen
Zusammenhänge – in diesem Fall zum Sg. gast – erkennen. –
Morphologisches Schreibprinzip wäre bei der Schreibung gäst gegeben).
- schalck (Z. 22): Doppelkonsonanz im Auslaut.
3. Versuchen Sie eine zeitliche Einordnung des Textes aufgrund der Graphie. Welche
Indizien weisen auf die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts?
Der Text weist Großschreibung nur bei Namen (Ulenspiegel) und in der Regel am Satzanfang
nach Punkt auf. Die Interpunktion ist unregelmäßig, die Kommata dienen aber,
wo sie gesetzt sind, bereits der logischen Gliederung des Satzes und sind
nicht prosodisch. Die Schreibung ist insgesamt noch ziemlich unregelmäßig;
ein einheitliches Prinzip bei der Kennzeichnung von Lang- und Kurzvokalen,
von Umlauten usw. ist nicht zu erkennen.
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